Von klagenden Liedern und der Utopie von Schönheit.
Von der Sehnsucht nach Schönheit und Menschlichkeit.
Klingende Botschaften von existentieller Leidenschaft.
Wenn Schrecken, Trauer, Sehnsucht und Utopie zu Musik werden.
Bekenntnismusiker, Ästhet, Virtuose — und noch viel mehr.

Der Komponist Volker David Kirchner im Porträt

Von Gabor Halasz


„Meine Musik soll mit den Menschen um den Menschen fürchten": In aller Knappheit umreißt dieses beinahe literarisch klingende Statement, das Volker David Kirchner mir vor bald zwei Jahrzehnten gegeben hat, prägnant seine ars poetica - und gewinnt zusätzlich an Schärfe in Verbindung mit Kirchners bei der selben Gelegenheit, einem Interview im Vorfeld der Münchner Uraufführung seiner Oper „Belshazar" im Januar 1986, geäußerten Idee einer „Ästhetik des Aufschreis". Denn er schrieb - und schreibt - tatsächlich eine Musik, die Partei er-greift, leidenschaftlich klagt - und mitunter anklagt -, die mit zu den humansten künstlerischen Botschaften zählt, die seit dem Zweiten Weltkrieg zu vernehmen waren. Eine Musik, die in existenzielle Bereiche eindringt, mit zuweilen schier überwältigender Ausdrucksgewalt von Schicksalsfragen und brennend aktuellen Konflikten der „condition humaine" kündet und durch Wahrhaftigkeit, Dichte und Intensität ihrer Aussage den Hörer unmittelbar betroffen macht.

Angesichts dieser Brisanz und der explosiven Hochspannung von Kirchners Kompositionen, gepaart mit einem unbestechlich hohen ästhetischen Anspruch, erscheinen Fragen des Stils und nach der Progressivität ihrer tonsprachlichen Mittel im Sinne eines radikalen Avantgarde-Kanons zweitrangig. Ohnehin wur-de der bedingungslose Glaube an den musikalisch-technischen Fortschritt und das Klangexperiment der fünfziger und noch der sechziger Jahre - Zeit der Karriere-Anfänge, im Zeichen der damals in Westeuropa in der Neuen Musik unangefochten do-minierenden seriellen Technik, des 1942 in Mainz geborenen Komponisten - inzwischen erschüttert und wich einer konzilianteren, mehr pluralistischen Orientierung. Die Material-Schlacht ist offenbar an ihre Grenzen gestoßen, und Luigi Nonos Kunstverständnis, dem zu Folge die vordringlichste Aufgabe des modernen Tonsetzers die Präsentation des klingenden Materials in seinem avanciertesten Stadium sei, hat mittlerweile einiges von seiner einst uneingeschränkten Gültigkeit eingebüßt.

So setzt Kirchner seinerseits eine divergierende ästhetische Sicht dieser Forderung entgegen: „Für mich" - erklärte er -„sind vier Jahrhunderte großer Musik ein Kapital, ich fühle mich, da ich mit Musik lebe, sie als lebende Substanz in mir trage, dazu aufgerufen, sie zu benutzen, da sie für mich quasi den Wert von Vokabeln besitzt". Und an anderer Stelle: „Die Stilentwicklung der Musik wurde zunehmend schneller m den letzten Jahrzehnten, die Stile wechselten wie Moden - wer soll sich da noch auskennen? -, und diese Tendenz wird von den Institutionen gefördert. Wir diskutieren noch über Neue Musik - die gibt es eigentlich gar nicht, stattdessen kann mittlerweile von einer Vielzahl Neuer Musiken die Rede sein." In diesem Zusammenhang spricht Kirchner auch von „geistigen .Glasperlenspielen' der Avantgarde", einer „Sicht auf die Mu-sik, die mit Gewalt ins „rationale flüchtet", von „Hirnmusik, die etwas leugnet, was einfach zur Natur der Musik gehört: nämlich Gestik, Körperlichkeit, Spannung/Entspannung, Dy-namik. Kopf allein" - so der Komponist - „ist noch kein Kör-per.1"'

Er selbst lässt indes diese Elemente zu ihren vollen Rechten kommen und steht damit auch zum Emotionsgehalt und zur Sprachgewalt der Musik, zur Utopie and der Sehnsucht nach Schönheit, der er sich etwa (aber nicht nur) im „Belshazar" ohne Umschweife hingibt. Kirchner ist Ausdrucksmusiker, wenn man will, Bekenntnismusiker (und selbstverständlich viel mehr als nur das), der seine klingenden Botschaften mit spannungsgeladenem Nachdruck - und mitunter in schmerzlichen Instrumental-„Aufschreien"' - mitteilt. Wobei andererseits die sinnliche Erfahrung musikalischer Vorgänge stets im Vordergrund steht. Und er ist durch and durch Sinfoniker, der wohl unter den wichtigsten Vertretern dieser Gattung im 20. Jahr-hundert und in der Gegenwart eingereiht werden darf - in Mah-lers Nachfolge und in der Nähe etwa von Schostakowitsch oder Karl Amadeus Hartmann, mit deren Gestus und Tonfall der breit strömende, düster epische Melos seiner Orchesterwerke geistige Verwandtschaft zeigt.

Diese Affinität zur Sinfonik mag auch mit Kirchners Werde-gang zusammen hängen. Der am Peter-Cornelius-Konservatorium in Mainz und an der Kölner Musikhochschule bei Günter Kehr (Violine) und bei (»unter Raphael und Bernd Alois Zimmermann (Komposition) ausgebildete Sohn einer Familie mit musikalischer Tradition - seinen ersten Violinunterricht (mit fünf Jahren) erhielt er von seinem Großvater, der seinerzeit in Prag noch unter Gustav Mahler gespielt hatte - blickt auf eine mehr als Vierfeijahrhundert lange Tätigkeit als Orchestermusiker zurück. Von 1962 bis 1966 als Solobratschist im Rheinischen Kammerorchester Köln und anschließend bis 1988 im Radio-Sinfonieorchester Frankfurt.

Kirchner - inzwischen mit zahlreichen Ehrungen und Kunstpreisen ausgezeichnet, außerdem Mitglied im künstlerischen Beirat der rheinland-pfälzischen Stiftung Villa Musica und im Januar dieses Jahres composer in residence der „Rheinischen Streicherakademie" in Bonn gewesen -, der Künstler also, der sich seit Ende der achtziger Jahre ausschließlich auf das Komponieren konzentriert, kennt das Sinfonieorchester von innen, ist mit all seinen Geheimnissen vertraut. In seinen beiden Sinfonien und zahlreichen weiteren Orchesterwerken, denen übrigens fast immer auch ein ausgeprägt dramatischer (den bedeutenden Opernkomponisten signalisierender) Gestus anhaftet, entfaltet sich seine schöpferische Fantasie kraftvoll, frei, mit fesselndem Ideenreichtum, wird mit jedem Ton Substanzielles gesagt. So etwa in der „Ghetto-Trilogie", einem der gehalt-vollsten und bewegendsten künstlerischen Entwürfe in der Musik des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Ihr Titel „Ghetto" steht symbolhaft für die Themen, die Kirchner unentwegt beschäftigen und regelmäßig wiederkehrende Leitmotive seines Oeuvres sind: Macht, Willkür, Gewalt, Unrecht und die Katastrophen des vergangenen Jahrhunderts (wobei nicht allein der Holocaust gemeint ist). Von diesen Erschütterungen und den Befindlichkeiten unserer Gegenwart klingt vieles suggestiv nach im „Gesang der Jünglinge im Feuerofen. Threnos für Orchester", dem mittleren Stück des Zyklus, Kirchners sinfonischem Trauergesang („Threnos" bedeutete Klagelied im antiken Griechenland, und die Anspielung auf den biblischen Gesang der Jünglinge deutet ebenfalls in diese Richtung). Zugleich legt diese Komposition beredtes Zeugnis vom ästhetischen Potential moderner Musik ab. Es genügt, nur an die von den Bratschen (Kirchners Instrument) eingeführte weit ausladende „Urmelodie" (der Komponist) mit ihren wehmütigen, meditativ versunkenen, subtilen Wendungen zu erinnern - und an die unheimliche Wirkung der sie begleitenden, geradezu irreal flirrenden Geigenklänge in höchster Lage.

In diesem Kontext lohnt es sich aber vor allem, bei der ganz seltenen atmosphärischen Dichte und dem unverwechselbar eigenen Ton des 1997 in Mainz uraufgeführten Schlussstücks der Ghetto-Trilogie, „... willst zu meinen Liedern Deine Leier drehen", zu verweilen. Es ist eine unverstellt subjektive, sehr ernste Huldigung an Schubert (im Gedenkjahr 1997 des 200. Todestages), dessen Lied „Der Leiermann", das letzte aus der „Winterreise", Kirchners Titel zitiert. Ihre „vereisten" (Kirchner) Schlusstöne, die betretene Stille und die gleichsam aus weiten Fernen der Erinnerung echoartig nachklingenden Har-monien beschwören anrührend expressiv den Schubertschen Weltschmerz. Die poetisch-musikalische Idee dieses subtil resignierenden Schlusses - und komponierten Verstummens und Verschwindens - ist die eines „entmaterialisierten Klanges" und „einer unheimlich räumlichen Musik", die mit schmerzlichem Pathos von Sehnsucht und Trauer kündet, die tatsächlich „etwas Erschreckendes" darstellt. Und die ihr voran gegangenen in-strumentalen Ausbrüche sind eigentlich Verzweiflungsschreie von bestürzender Intensität. Die „Abgesangsszene" (so der Un-tertitel des Stückes) beschwört Klangwelt und Aura von Schu-berts Musik, sucht die Schubertsche Psyche musikalisch nach zu vollziehen - und ist in gewissem Sinne zum klingenden Selbstbildnis ihres Schöpfers geraten. (Auf das Schubertsche Komponieren hat Kirchner eher in einem früheren Stück aus den „Bildnissen" Bezug genommen.)
Es geht jedoch keineswegs nur um Weltanschauung, Bekennt-nisse, emphatisch klagende Gebärde und klingende Nostalgie, schon gar nicht um Baden in Emotionen. Vielmehr liegen Kirchners Kompositionen vielschichtige, mit letzter Konse-quenz durchdachte, äußerst kunstvoll gebaute Strukturen von hohem intellektuellem Anspruch zu Grunde. Seine Musik wen-det sich gleichermaßen ans Herz und an den Verstand. Als Bei-spiel für die alles andere als alltäglichen Satzkünste seines Schöpfers bietet sich wiederum (unter anderem) „... willst zu meinen Liedern Deine Leier drehen" an, mit seinen komplexen, verfeinerten Konstruktionen, für die der Ton „H" - Grundton von Schuberts „unvollendeter" Sinfonie und nebenbei auch Wozzecks Schicksalston - Form bildende Bedeutung hat, indem er den Ausgangspunkt - nach oben und nach unten - einer Zwölfton-Reihe darstellt. Mit ihr knüpfte der Komponist übri-gens auch an seine erste Schaffensphase an.

Und gleich noch ein anderes perspektivenreiches Dokument von Kirchners fantasievollem, ideenreichem Umgang mit der musikalischen Form. Die Rede ist von seinem Violinkonzert und dessen langsamem Mittelsatz, der lediglich aus einem un-begleiteten Solo, einem introvertierten, nachdenklich lyrischen Selbstgespräch der konzertierenden Geige besteht. Eine eigen-willige, höchst originelle Idee, wobei der versunkene Monolog den ausgesprochen dramatischen Dialog des Solisten mit dem Orchester im Kopfsatz und die geschärften Rhythmen und spielerisch-ironischen Einfälle des Finales auf anregendste Wei-se kontrastiert. Außerdem spielt dieser Mittelsatz beziehungs-reich auf die Fuge aus Bachs a-Moll-Sonate für Violine allein an - was auch durch den Orgelpunkt der leeren A-Saite unter-strichen wird - und legt damit zugleich Zeugnis von Kirchners intensiver schöpferischer Auseinandersetzung mit der Tradition ab.

Kammermusik ist ein weiteres eminent wichtiges Stichwort bei der Beschäftigung mit dem Kirchnerschen Oeuvre. In dieser Gattung - in der der Komponist unter anderem als Mitgründer des „Ensemble "70" und Mitglied von Günter Kehrs Streichtrio ebenfalls über reiche praktisch musikalische Erfahrung verfügt -hat er wahre künstlerische Machtworte gesprochen: mit Werken von erstaunlicher gedanklicher Dichte, unverwechselbar spezi-fischer Aura, erlesener Schönheit und zwingender Klarheit der Ausformung. Innerhalb der Kirchnerschen Kammermusik steht fraglos ein eigenes Kapitel den Arbeiten für Streicher zu, die sein Vorstellungsvermögen und die Virtuosität seiner kompo-sitorischen Handschrift äußerst beredt demonstrieren. Die un-gemein weit gefächerte Skala der Farben und Tonschattierun-gen, die Kirchner mit verblüffender Fantasie den unterschiedli-chen Besetzungen vom Trio bis zum Sextett entlockt, ist absolut frappant und weist ihn als Meister des Streicherklangs aus. Da-bei werden diese vielschichtigen, zum Teil aufstörenden Wirkungen mit ganz unaufwändigen Mitteln erreicht. Kirchner hat mit bewundernswerter kompositorischer Ökonomie zwingend prägnante instrumentale Dramen - im Zeichen höchst folge-richtig ersonnener, verfeinerter Strukturen - inszeniert.

Für seine unverwechselbar eigenständige schöpferische Inspi-ration sprechen unter vielem anderem die exquisiten knappen, expressiven Melodiefragmente, die hauchzarten Pianissimo-Stellen, die entrückten Klänge - gleichsam aus weiter Ferne - und die spukhaft vorbei huschenden Gesichte, die „visions fugitives", des Streichtrios. Sie werden - unerwartet - kontrastiert durch plötzliche, wild auffahrende Klanggesten, während der Ausklang im mehrfachen Pianissimo dann zum Schluss wieder die Vorstellung des Verschwindens im Nichts beschwört, der in Kirchners Kammermusik öfters zu begegnen ist. Dramaturgie und Stimmungen des Streichtrios mögen nachgerade romantisch anmuten. Für eine ähnliche ästhetische Haltung stehen auch der subtile, poetische, stille „Abgesang (Epilog)", der letzte Satz des zweiten Streichquartetts, die fein ausgehörten, berückend schönen Harmonien des sechsten Quartetts und ganz besonders die ebenso geistvolle wie schwärmerisch lyrische und brillant komponierte Wagner-Huldigung des dritten Satzes im zweiten Quartett: „Inneres Bild (Tristano)". Kirchner hat wirklich tief in die Seele der (ihm vertrauten) Streichinstrumente hinein gehört. Nicht zu vergessen schließlich seine raffinierten Spiele mit ver-trackten Rhythmen, die überraschende Entstehung eines beina-he volkstümlich anmutenden lichten tonalen Ostinato-Motivs, das sich im ersten Satz des zweiten Quartetts aus einer statisch-meditativen Piano-Fläche herausschält oder die vieltönigen Akkorde und die Schroffheiten des Streichsextetts.

Dabei behandelt Kirchner die Streichinstrumente eigentlich eher behutsam. Selbstverständlich bedient er sich unkonventioneller Avantgarde-Spielpraktiken, geht dabei aber letztlich nicht bis zum Äußersten. Seine erstaunlich differenzierte Klangwelt mutet fast klassisch-modern an und lässt auf jeden Fall den Ein-druck einer Kontinuität zwischen dieser Kammermusik und jener etwa der zweiten Wiener Schule oder Bartoks aufkommen.

Die kammermusikalische Linie setzt sich nahtlos fort bis zu dem im Mai letzten Jahres in Bozen uraufgeführten und in Mailand nachgespielten Streichquintett „Ikonen" und sogar zu den im selben Monat in Meiningen aus der Taufe gehobenen „Bildnissen IV" für Streicher. Ein anderes Stück für zwar nicht Streicher-, doch gleichermaßen klassische kammermusikalische Besetzung, „Xenion" für Bläserquintett, hat das Philharmonische Quintett Berlin ebenfalls im vergangenen Jahr (im April) uraufgeführt.

Von Kirchners Instrumentalmusik war bislang ausführlich die Rede. Keineswegs geringer ist allerdings die Bedeutung des Bühnenwerks. Sein unbedingter Ausdruckswille, die Eloquenz und der gestische Impuls seines Stils bestimmen Kirchner - der übrigens von 1972 an als Komponist für Schauspielmusik am Hessischen Staatstheater in Wiesbaden wirkte - zum authenti-
schen Musikdramatiker. Bereits sein 1975 dort uraufgeführter Opernerstling „Die Trauung" hatte beträchtliches Aufsehen erregt: eine Groteske des Grauens nach einem Schauspiel von Witold Gombrowicz, die mit ihren Traum- und Albtraum-Klängen beunruhigend neuartige theatralische Dimensionen erschloss. „Die fünf Minuten des Isaak Babel", Kirchners „szenisches Requiem" (1980 in Wuppertal uraufgeführt), entwarf dann mit der Vielfalt seiner musikalischen Mittel (einschließ-lich radikaler Avantgarde-Wirkungen) und der kompositori-schen Verfahren und Stilebenen die Perspektive einer umfas-senden Synthese (nicht zu verwechseln mit Eklektizismus). Inhaltlich geht es im Stück um die tönende Klage um einen Dichter, einen Idealisten und Opfer der totalitären Tyrannei (stalinistischer Marke) und die Totenmesse einer (sozialisti-schen) Menschheitsutopie. Sie fasziniert durch den beklemmenden Nachdruck ihrer Sprache und die oratorische Größe des Entwurfs - ganz besonders in den hoch expressiven, aufregend dramatischen Chortableaux.

„Belshazar" beschwört dagegen eine theatralische Endzeit- und Weltuntergangsvision auf, schildert einen makabren „Tanz auf dem Vulkan" in Klängen einer schonungslosen Ausdrucksmusik mit geradezu erschreckenden Kontrastwirkungen, verwege-nen Gebärden, gigantischen Klangballungen und eruptiven Ausbrüchen von mitunter ekstatischer Leidenschaft, die der Ästhetik des „Instrumentalaufschreis" volle Geltung verschaf-fen. Den Gegenpol bilden beseelte Streicherlyrismen, ausladende melodische Aufschwünge und finster verhaltene Passagen in tiefen Bassregionen. Kompositorisch wurden freilich alle klanglichen und emotionalen Grenzsituationen souverän disponiert und geordnet, unter gelegentlicher Anwendung klassischer und vorklassischer Formen, wie etwa Passacaglia, Kanon, So-natendurchführung und Rondo.

Fortgesetzt hatte sich der musiktheatralische Diskurs mit dem „Kalten Herz" nach Wilhelm Hauffs Märchen (Uraufführung: 1981 in Wiesbaden, zweite Fassung 1988 in München), Erinys (1990 Wuppertal), Kirchners Version des Elektra-Themas, der 2000 bei der Expo in Hannover vorgestellten Oper „Gilgamesh" und in „Ahasver" (2001 in Bielefeld aus der Taufe gehoben), der Geschichte des ewigen Wanderers durch Zeiten und Welten, der Symbolgestalt des heimatlosen Flüchtlings und Getriebenen.

Alles in allem bleibt das Fazit eines künstlerischen Gesamt-werks, das durch seinen Ideen- und Facettenreichtum, seine Wahrhaftigkeit, geistige Perspektive und kompositorische Substanz restlos fasziniert. Dem New Yorker Publizisten D. Fried-man, der Volker David Kirchner zu den „interessantesten und außergewöhnlichsten zeitgenössischen Musikern" zählt, kann vorbehaltlos zugestimmt werden.